Dr. Richard Scherhag (1907-1970)

Dr. Richard Scherhag (1907-1970) ist für die Meteorologie aus verschiedenen Gesichtspunkten interessant. Der Gebrauch der Höhenwetterkarte (500 hPa) seit 1934 geht auf ihn zurück. Während des Dritten Reiches war er Leiter der Abteilung Höhenwetterdienst am Reichsamt für Wetterdienst in Berlin. In dieser Zeit entwickelte er eine Methode zur empirischen 24-Stunden Bodenvorhersage, ein Verfahren das 25 Jahre in der Wettervorhersage eingesetzt wurde. Zur Zeit der Berliner Mauer ist er wohl als westlicher Gegenspieler zu u.a. dem im Osten der Stadt Hans Ertel (1904-1971) anzusehen. Als Gründer des Instituts für Meteorologie der Freien Universität Berlin (1949) gelang es ihm nicht nur eine Institution für die Forschung und Lehre zu schaffen, sondern auch die Westberliner mit Wettervorhersagen zu versorgen, da dies dem Wetterdienst im Westen der geteilten Stadt untersagt war.
Durch seinen wachsamen Geist gelang ihm eine Entdeckung. Bei den Radiosondenaufstiegen am Flughafen Tempelhof wurden auch die Temperaturen in der Stratosphäre (ca. 12-50 km Höhe) registriert. Da die Messreihen plötzliche Temperaturschwankungen beinhalteten misstraute der diensthabende Meteorologe diesen und deklarierte sie als fehlerhaft. Allerdings kam Scherhag auf dem Heimweg regelmäßig am Flughafen vorbei und guckte sich die Roh-Daten an, in denen er ebendiesen markanten Temperaturanstieg in der Stratosphäre fand. – Dies wurde dann als „Berliner Phänomen“ bekannt und findet sich heute in der Literatur als Sudden Stratospheric Warming wieder. Durch die Kopplung von stratosphärischer und troposphärischer Zirkulation kann dies u.a. zu markanten Wintereinbrüchen in Mitteleuropa beitragen.

Text: Josha Pültz
Bild: Von Marcusbahlo – Template:Institut für Meteorologie, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=55810141